Re: Fußballthread
Posted: Mon Nov 29, 2010 11:29 pm
Da gehst du mal gemütlich zwei Stündchen lesen und verpasst hier son fettes Entertainment. Behindert.
Naja hätte er in der 2. HZ vielleicht noch getan.FEV-Infizierter wrote: Der Özil war heute aber auch der Dözil, hab da keine Akzente gesehen.
Ich kann sowieso nicht verstehen das Katar als Ausrichter genommen wird ! Ich meine offensichtlicher können sich nicht mehr zeigen, das es nicht mehr mit rechten Dingen zu geht.FEV-Infizierter wrote: Die nächsten WMs finden in Russland und Katar statt. Seltsam das gleich zwei Weltmeisterschaften ausgelost wurden. Ausgereechnet an Russland und ein arabisches Land, könnte es sein das Blatter deren Stimmen für eine Wiederwahl im nächsten Frühjahr braucht?
edit: liverpool liebt unsVorbericht Dynamo vs. Union aus dem Dynamo Dresden Fan Forum
Nur noch wenige Stunden sind es bis zum Ostknallerderbymegahit gegen Union Berlin. Und ganz Deutschland schaut zu. Der Onkel RTL, die Tante SAT.1, Mama ARD und Papi ZDF sowieso. Nicht etwa, weil die fußballinteressiert sind. Nein, die Leute wollen nur eins: Abgerissene Menschenköpfe, Blut, Hass in den Gesichtern von Menschen, die ihre Köpfe noch dort sitzen haben, wo die Anatomie es vorsieht. Noch. Aber hoffentlich nicht mehr lange, denkt sich Mami und Onkel und Tante und Papa. Kamera draufhalten!
Es geht ein Gespenst um in Deutschland. Das Gespenst der Sensationslust. Ist ja auch klar. Gammelfleisch ist nun auch thematisch veraltet. Bombenanschläge in Bagdad mit 50 Toten sind Tagesordnung und damit keine Nachricht mehr wert. El Kaida verhält sich dummerweise auch sehr ruhig, seit Monaten und fast schon Jahren wartet die gierige Journaille auf einen neuen 11. September und nichts passiert. Traurig. Bitter. Also müssen andere Themen her. Unterschichtige Fußballfans sind da genau richtig. Wenn die dann auch noch aus dem Osten kommen, wo sowieso jeder mit einem Hakenkreuz auf dem Oberarm geboren wird, umso besser. Was können wir da froh sein, nicht so in der Drehe 15./16./17. oder 18. Jahrhundert zu leben. In dieser Zeit hatten die Menschen nämlich eine ziemlich blöde Eigenschaft. Sie metzelten alles nieder, was nach Meinung der Öffentlichkeit nicht ganz normal war oder Unheil über die Welt brachte. Damals waren vor allem Hexen das Ziel der Blutrünstigkeit der Unter- aber auch Oberschicht. Es war den Menschen zur damaligen Zeit einfach nicht geheuer, wenn so ein zierliches Mädel mit Warze auf dem Riecher nach Simsalabim einen Frosch in der Hand hielt, wo eine Sekunde vorher noch ein Gramm Pferdedung rumglubschte. Heute wissen wir, dass so etwas ganz alltäglich ist, damals aber hatte Zauberei ein schlechtes Image. Da Hexen ausgestorben sind, müssen heute andere Individuen verfolgt werden: der Dynamomensch passt da ideal.
Nur um mitlesenden Wessifans oder Wessijournalisten vorzubeugen. Ja, wir haben ein paar mehr Idioten in unseren Reihen, ja, wir haben ein Gewaltproblem, ja, wir als Verein und auch wir Fans haben Fehler gemacht und nein, man bekämpft diese Probleme nicht mit Punktabzügen oder beschissenstem Boulevard-Journalismus.
Wir wollen uns über die Gewaltorgien seitens unserer Anhänger, Polizei und Medien nicht weiter auslassen, sondern eine grundlegende Frage beleuchten. Fans des FC Liverpool fragten vor ein paar Jahren in einem Lied „Where have you gone Dynamo Dresden?“. Frei übersetzt entspricht dies in etwa der Frage, was mit Dynamo passiert ist. Nun sind wir keine Geschichtsmuckel, die diese Frage ausführlich beantworten wollen. Die Zukunft ist für uns wesentlich interessanter.
Wir schreiben das Jahr 2028. Das, was einmal Dynamo Dresden war, feiert den 75. Geburtstag. Seit nunmehr 20 Jahren heißt Dynamo nicht mehr Dynamo sondern 1. FC Deutsche Post Dresden. Der Verein spielt in der ProSieben/SAT.1-Mediagroup-Bundesliga und kämpft am letzten Spieltag der Saison um die deutsche Meisterschaft. Gegner im direkten Duell ist der FC T-Online München, ehemals allgemein als „Scheiß FCB!“ bezeichnet. In der DeutschePost-Arena im Dresdner Ostragehege haben sich 45.000 Menschen versammelt. Damals, als der Verein vor dem nichts stand, weil zuerst Fans und dann der DFB, Medien und Polizei durchdrehten, „half“ der DFB und die Politik, indem sie Mittel bereitstellten, ein neues Stadion zu bauen. Bedingung: gebaut wird im Ostragehege. Traditionen mussten gebrochen werden, um die Fans zu brechen. Die hatten damals eh nichts mehr zu sagen, waren dies doch sowieso alles prügelnde Nazis und hatten einen Präsidenten, der ihnen in den Rücken fiel. Der Beschluss wurde umgesetzt und es entstand ein 70 Millionen Euro teurer Betonklotz. Mit 5.000 BusinnessSeats und weiteren 5.000 VIP-Logen, in denen Champagner und Lachshäppchen für die Damen im Pelz serviert wird, dafür aber ohne Stehplätze. Die braucht man schließlich auch nicht mehr, da noch im Winter 2006 die Ultras verboten wurden. Dynamo, damals hieß dieser Verein noch so, war diesbezüglich Vorreiter, nach und nach säuberten alle Clubs ihre Fanszene, 2009 erließ der DFB ein generelles Ultraverbot. Ein Jahr später wurde verfügt, dass es in deutschen Stadien nur noch Sitzplätze geben dürfe. Das Mitführen von Trommeln oder Megafonen wurde genauso untersagt wie Zaunsfahnen. Vom deutschlandweiten Verbot jeglicher Choreographien und Fangesänge wollen wir gar nicht erst reden, gab es darüber doch kontroverse Diskussionen. Letztlich aber setzte sich die Politik durch und bekräftigte damit den von einer Task Force erwirkten Beschluss. In der DeutschePost-Arena sitzen jetzt also 45.000 Menschen, vorzugsweise Familien, von Enkel bis Opa. Manche Enkel bekommen vom Spiel aber nichts mit. Sie spielen im stadioneigenen Kindergarten und mampfen an ihrer Zuckerwatte. Der Kindergarten befindet sich übrigens gleich hinter einer Filiale der Deutschen Post AG und einem Fanartikelstand, an dem nicht nur Schals vom 1. FC Deutsche Post Dresden sondern auch Artikel der deutschen Nationalmannschaft verkauft werden. Der DFB ist allgegenwärtig. Die Dresdner Fanartikel laufen derzeit aber nicht so gut. Es gibt Gerüchte, nach denen die Deutsche Post AG aussteigt und CocaCola neuer Hauptsponsor wird. Dann würden sich die Vereinsfarben in Rot-Schwarz ändern und die alten gelben Fanartikel wären nichts mehr Wert. Auch über einen Börsengang des 1. FC DP Dresden wird spekuliert.
Die Kinder, die nicht im Kindergarten das Spiel verbringen, jubeln der dicken Hummel Dieter zu, dem Maskottchen des Vereins, das dumm grinsend über den Rasen watschelt und in die Fanblöcke winkt. Aber keine falschen Verdächtigungen, es ist nicht Jochen Rudi, der sich in dem Kostüm verbirgt. Die Stimmung ist, nach dem Deutsche Post Dresden das 3:0 erzielt und damit den ersten gesamtdeutschen Meistertitel perfekt gemacht hat, grandios. Zur Musik von DJ Ötzi Junior klatschen die Zuschauer – natürlich sitzend, dafür haben sie ja auch bezahlt – im Takt und schunkeln. Jetzt fehlen nur das Zelt und die Mädchen in Dirndl und wir feiern Oktoberfest mitten in Dresden. Obwohl die Mädchen im Dirndl praktisch schon da sind – die Cheerleader der „Yellow Packets“ sind seit kurzem sogar Sachsenmeister. Glückwunsch!
Der 1. FC Deutsche Post Dresden wird also 2028 Deutscher Meister, spielt nächste Saison in der Champions-League. Zu den Auswärtsspielen wird aber niemand mitfahren. Unter der Woche haben die Familien keine Zeit quer durch Deutschland oder gar Europa zu düsen. Die Fans, die es früher mal gemacht haben, haben sich vom Verein distanziert oder wurden von der Politik und dem DFB resozialisiert – zu gutem, Beifallklatschendem Eventpublikum erzogen. Eigentlich ist nur eines geblieben, was anno 2006 auch schon war. Die Fans des FC Liverpool fragen sich auch im Jahr 2028 noch „Where have you gone Dynamo Dresden?“ Kopfschüttelnd, seufzend, ungläubig, traurig.
In diesem Sinne machen wir dass, was wir für richtig erachten. Immer wissend, dass wir im Grunde nur zwei Möglichkeiten haben. Entweder wir spielen das Spiel des DFB mit, lassen uns kommerzialisieren, unsere Ideale und Werte verfallen, unsere Seele verkaufen. So wie es Timm Thaler mit seinem Lachen gemacht hat. Dann können wir auf Triumphe und Titel hoffen. Aber wie glücklich war ein Timm Thaler mit der Fähigkeit, jede Wette gewinnen zu können, dabei aber nie mehr zu Lachen? Oder, und das ist die zweite Möglichkeit, wir spielen dieses miese Spiel nicht mit. Unterwerfen uns nicht den Gesetzen des Profisports, zeigen der Kommerzialisierung, dem Theo und den Medien unseren Arsch und rufen ein dezentes „Verpisst euch!“ hinterher. Dann können wir unsere Seele und unseren Namen behalten, werden aber über die Oberliga wahrscheinlich nie mehr hinauskommen. Auch wenn es nicht so drastisch ausfallen möge wie oben beschrieben, bleibt festzuhalten: Salzburg ist nicht weit entfernt und kommt jeden Tag einen Schritt näher. Klar gibt es eine Chance, dass vielleicht irgendwie noch eine dritte Möglichkeit auftaucht, die uns den Erfolg in der Zukunft mit unserer Tradition verbinden lässt. Im Wesentlichen stellen sich für den Dynamofan im November 2006 aber zwei Fragen: Where will you go Dynamo Dresden? und Where have you gone, good old football?