FalloutNow!

"Haben sie den nicht auf ihrer Vollmacht stehen", fragt die Frau und besieht sich kritisch das Formular.

Thea schaut die Frau kritisch fragend an. "Sie meinen die Vollmacht die gerade da oben durch den Shredder gangen ist ist?"

"Ach - hm, da muss wohl irgendwas im Veraltungsablauf bei ihnen nicht gestimmt haben. Bei welcher Behörde haben sie denn den Antrag zum Erhalt der Vollmacht gestellt?"

Thea bleibt geduldig. "Schauen sie, ich soll hier nur diesen Knaben empfangen, ihm die Ohren langziehen und bei Daddy abliefern. Suchen sie doch bitte schnell in ihren Dateien."

"Tut mir Leid, sie brauchen zuerst eine offizielle Genehmigung, damit ich ihnen die Daten geben kann", sagt die Frau ein wenig desinteressiert. "Wenn sie mir nicht sagen können, wo sie die Vollmacht beantragt haben, ist das mit etwas Aufwand verbunden - allerdings gibt es da noch den schnelleren Weg." Sie greift kurz unter den Tisch und reicht Thea ein weiteres, zweiseitiges Formular.
"Geben sie das in Deck 5 ab, dort wird man sich dann um die weiteren Formalitäten kümmern. Sobald sie von dort die Genehmigung erhalten, können sie auch die Gefangenennummer erhalten."

Thea hatte mal gerüchteweise von einer Strategie des innenministeriums gehört, den Verwaltungsapparat in einigen spezielleren Fragen bewusst so zu bürokratisieren, um die Bürger mürbe zu machen............

"Hören sie, sie kennen sicher ihren Kollegen Mr. Gottlieb. Dieser hat mir vor 10 Minuten einen Brief von meinem Vater zukommen lassen, vielleicht haben sie den Namen Major Arthur Mc Douglas schon einmal gehört. Diesen Brief lag die soeben geshredderte Vollmacht bei. Verbunden mit der Bitte diesen jungen Mann, dessen Gefangenenkennnummer sie mir sicher gleich sagen werden, bei dieser Gelegenheit hier abzuholen." Sie stützt sich auf den Schreibtisch. "Oder am besten rufen sie Mr. Gottlieb gleich sofort an und fragen ihn, ich bin sicher er hat gerade nichts besseres zu tun als ihre Arbeit zu erledigen!"

Thea spricht schneidend scharf und zeigt das ihre Geduld enge Grenzen hat und sie nicht gewillt ist sich von der Bürokratie einschüchtern zu lassen.

"Miss Douglas", sagt die Frau und blickt auf ihren, von hier aus nicht einsehbaren Monitor, "das mag alles richtig sein, die Vollmacht wurde auch von ihrem sehr beeindruckenden Vater ausgeschrieben, aber auf sie umgeschrieben." Sie nimmt ein Blatt Papier zur Hand und skizziert ihrer Rede den Groben Verwaltungsweg, bald ist das Stück Papier vollgekritzelt mit Kreisen und Linien.
".... und wenn die Vollmacht umgeschrieben ist, bedarf es normalerweise einer weiteren Beurkundung zur Bestätigung dieses Umschriebs, es sei denn sie wären Teil des Militärs oder Beamter, aber sie sind nicht im Staatsdienst. Das bedeutet nach Paragraph 189-C der SSU-Strafvollzugsverwaltungsordnung, dass es gemäß Paragraph 55-a des Verwaltungsrechts, keine offizielle Bestätigung für uns gibt, welche die Richtigkeit des Umschriebs auf ihre Person notariell bestätigt."
"Entschuldigung", sagt schüchtern eine Stimme mit einem Spanischen Akzent hinter Thea, "dauert das noch lange? Ich habe nun endlich das richtige Formular ausgefüllt und würde gern meinen Sohn.........."
Die Frau blickt desinteressiert zu dem stämmigen, dicken, etwas verschwitzten Arbeiter mit dem Schnauzer hinter Thea. "Mister........."
"Diaz", sagt er mit einem unterwürfigen Lächeln und knetet seine Mütze.
"Mister Diaz, setzen sie sich bitte bis sie dran sind."
Herr Diaz nickt eifrig und begibt sich hinter einer mehr schlecht als recht kaschierten, verzweifelnden Mine, welche wohl einen baldigen Amoklauf ankündigt, wieder zu seiner Frau an den Platz.............
Die Frau wendet sich wieder an Thea. "Nun, haben sie verstanden? Gehen sie zu Deck 5 und geben sie dort dieses Formular ab, dann kann ich ihnen die Gefangenennummer mitteilen."

Thea schnappt sich wortlos die Formulare und begibt sich auf Deck 5.

Auf den Formularen stehen zum wiederholten Male fast die gleichen Informationen, die auch in all den anderen Formularen stehen...........


Auf Deck 5 befinden sich mehrere Schalter mit Beamten, hinterdem einzig freien sitzt ein steifer alter Mann mit grauen Haaren, der Blick ist kalt, hart und völlig mitleidlos - solche leute trifft man entweder in dreckigen Söldnertruppen oder bei einer staatlichen Behöre.

"Thea geht auf den Mann zu. "Ich hätte hier diese Formulare. Und benötige eine Genehmigung für eine Auskunft bezüglich der Gefangenenkennumer des betreffenden Gefangenen...."

"Ja, das sehe ich", sagt der Mann düster als er das Formular an sich nimmt und ansieht - und reicht Thea als Antwort ein siebenseitiges, neues Formular. "Deck 6, Zimmer 3. Guten Tag."

Innerlich kochend begibt sich Thea auf Deck 6 zu Zimmer 3 und hofft das dort keine Schlang von 100 Menschen herumlungert. Im Fahrstuhl blättert sie sich durch das 7-seitige Formular. De berühmte Papierkrieg der SSU-Bürokratie...wie ich ihn vermisst habe....

Das 7-seitige Formular ist teilweise sehr persönlich gestaltet, wahrscheinlich werden als Nebenzweck damit spezielle Daten über Bürger gesammelt und der Staatssicherheit zugeschickt - anders kann sie sich Sparten wie "Lieblingsessen", "Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs", "Religionszugehörigkeit", "Letztes Urlaubsziel" und so weiter als Pflichtfelder nicht erklären........

Schließlich steht Thea vor einer langen Schlange im Gang. Es dauert eine geschlagene halbe Stunde, bis sie sich vor zu Zimmer 3 gekämpft hat. Im Inneren sitzt ein übermüdet aussehender Beamter, der hinter seinem Schreibtisch im Schneckentempo irgendwas ausfüllt. Als Thea eintritt blickt er müde zu ihr auf.
"Und sie wünschen", fragt er gelangweilt.

"Ich muss dies Formulare abgeben um eine Auskunft über die Kennnummer des zu entlassenden Gefangenen zu erhalten." Sagt Thea ruhig und langsam um den Beamten nicht zusätzlich zu stressen.

"Setzen sie sich", sagt er weiterhin stark gelangweilt, nimmt das Formular an sich und sieht es gelangweilt durch.
"Hmmmm-Hmmmmm", sagt er langsam und liest, macht hin und wieder einige Randbemerkungen. Quälend langsam arbeitet er sich durch das Formular, dann steckt es in seinen Scanner und tippt langsam irgendwas in seinem Computer ein.

Die Zeit vergeht, Thea kann das Ticken der Uhr im Büro ganz alut hören, das langsame Klappern der Tastatur..........

10 schweigende Minuten später quiekt und rattert der Drucker, dann spuckt er ein einseitig bedrucktes Blatt Papier aus. Der Beamte nimmt es an sich, stempelt es langsam ab, setzt seine Unterschrift drauf und reicht es Thea.

"Gehen sie zurück zur Gefangenenverwaltungen und geben sie das dort ab, dann erhalten sie die *gäääääääääähn* Gefangenenkennummer."

"Vielen dank und einen baldigen Feierabend." sind die Worte mit denen Thea sich schleunigst aus den Staub macht und zurück zur Gefangenenverwaltung begibt.

Nach kurzer Zeit steht Thea wieder unten vor der Frau mit der Hochsteckfrisur, der Mann mit dem spanischen Akzent befindet sich mittlerweile nicht mehr hier. Die Frau blickt auf, als Thea eintritt.
"Ja? Haben sie jetzt die Genehmigung?"

"Korrekt." Antwortet Thea und übergibt der Frau das Formular, nicht ohne sich vorher die Gefangenenkennummer selbst eingeprägt zu haben...

Die Frau blickt sich die Genehmigung an.
"Gut, einen Augenblick." Sie tippt kurz etwas in ihren Computer ein, dann sagt sie zu Thea: "234-445-T-8-ML"

"Gut! Ist damit jetzt alles geklärt?" Fragt Thea.