FalloutNow!

"Ja, jetzt kommt es wohl darauf an, wie wir mit dieser Oma fertig werden. Welchen Weg schlägst du vor? Gerade heraus mit der Wahrheit, in der Hoffnung mit ihr ein Geschäft machen zu können oder den heimlichen Weg um sie herum?"

"Mal sehen was Oma so fürn Mensch ist, prinzipiell finde ich ihren matriarchalischen Ansatz ja sympatisch und das ist vielleicht ein Punkt für uns. Wenn nicht.... naja wir können auch anders." Entgegnet sie.

"Gut, dann schneien wir einfach mal bei ihr herein und fragen was von Nöten ist, um Yitterdal sprechen zu können. Sollte sich die Sache mit Geld lösen lassen, können wir das vielleicht über Mister Philman mit Madame Caval klären, ich habe aber eher die Vermutung, dass uns die werte Gouverneurin lieber als Schachfiguren einsetzen würde. Nenn es eine vage Vorahnung... Naja. Immerhin bekommst du bei ihr vielleicht sogar etwas halbwegs Anständiges zu Essen."

Die beiden Frauen marschieren weiter die Straße entlang, vorbei an verlassenen Geschäften, Ruinen und toten Parks. Hier und dort kleben noch einige Plakate und Werbehologramme reaktivieren sich sporadisch, ein paar wenige Hunde, Katzen und Hühner streunen auf der Straße herum, die Bewohner ignorieren Sumiko und Lilya gekonnt.


Schließlich kommen sie auf den Rathausplatz. Hinter einem Brunnen, der schon lange versiegt ist, steht ein dreistöckiges, weitläufiges Gebäude, getragen von Säulen. Die klassische Uhr im Dach bewegt sich schon lange nicht mehr, Dreck hat das ehrwürdige Gebäude in eine schwarze Bruchbude verwandelt, Mörtel bröckelt hier und da. Die Flaggen der Konförderation hängen von den hohen Wänden, und bewaffnete Männer in Polizeiuniformen haben sich um das Rathaus verteilt und behalten alles gut im Auge. Viele von ihnen haben einen dunklen Hautton, scharfe Nasen und grüne Augen, manche ausgeprägter als andere.

Auf dem Rathausplatz selbst steht ein kleiner Markt, es ist laut und riecht unangenehm und augenscheinlich werden hier keine Krämerwaren verkauft. Bewacht von Polizisten werden hier Waffen verkauft, einzelne Roboterteile, Organe und Sklaven. Viele der allgegenwärtigen zwielichtigen Gestalten von Helios Grave decken sich hier augenscheinlich ein.

Lilya schlendert aufmerksam die Stände entlang, sie sucht ergänzende Rüstungsteile für ihre Metallrüstung, diverse Spezialmunition für Twiggy, Spezialgewehr und Armbrust. Nebenbei schaut sie sich unauffällig nach eventuellen Verfolgern um.

Sumiko, die irgendwie nicht daran glaubt, an einem Ort wie diesem besonders tolle Waren zu finden, schlendert neben Lilya her und schaut nur sporadisch auf das dargebotene Angebot. Das einzige nach dem sie wirklich Ausschau hält, ist irgendeine Art von Maske oder Schutz für Mund und Nase; etwas, das in der Lage ist, den erbärmlichen Gestank Tortugas zu filtern. Zwar hat sie mittlerweile sowohl ihre Gesichtszüge als auch ihren Brechreiz unter Kontrolle, aber ein Segen für ihr Riechorgan wäre ein solcher Fund trotzdem.

Lilya kann für 60 000 Credits pro Stück Brandmagazine für die Twiggy sehen - die Kugeln zerpuffen beim Aufschlag und setzen eine Art Napalm über dem Gegner frei und setzen ihn in Brand. An und für sich ist eine echte Kugel effektiver, aber so bringt man auch Gegner in großen Rüstungen aus der Fassung.

Für 30 000 Credits kann Sumiko eine Gasmaske beim Stand eines dicken Händlers mit Haarausfall und fauligen Zähnen finden, chronischer Hautkrebs wuchert über sein Geicht, Operationsnarben bedecken seine Haut.

Sumiko bleibt tatsächlich stehen, schlendert zu dem Stand und begutachtet sich die Gasmaske etwas genauer. Die 30.000 Creds gehen zwar über ihre aktuellen Möglichkeiten hinaus, aber vielleicht lässt der Verkäufer ja mit sich handeln. Feilschen ist sonst zwar nicht unbedingt ihr  liebstes Hobby und es kostet sie durchaus Überwindung, aber für eine Möglichkeit, den Gestank auszusperren, schluckt sie ihren Stolz herunter und startet einen recht hoffnungslosen Versuch.

Sie greift nach der Maske und wendet sie in der Hand hin und her. Nach einer kurzen Weile schaut sie zu dem Verkäufer auf und sperrt sein scheußliches Äußeres einfach aus ihrer Wahrnehmung aus. Da so gut wie alle hier auf Helios Grave so zerstört aussehen, wird dies vermutlich recht bald zur Routine werden.

"Guten Tag.", startet sie das Gespräch. "Funktioniert der Filter von der hier? Falls ja würde ich sie nehmen; allerdings nicht für 30.000. Ich biete zwanzig. Mehr kann ich mir nicht leisten." Der letzte Teil ist zumindest halb-wahr, denn die 5000 Credits mehr, die sie besitzt, sind ihre eiserne Notreserve. Sumiko wird klar, dass sie bis zu der (zugegeben durchaus beachtlichen) Belohnung von Miss Caval ein paar Nebenverdienste einfahren muss, um einstweilen über die Runden zu kommen. Einen solchen Tiefstand hatte ihr Konto bisher noch nie...

Ganz brauchbar... Geht es Lilya durch den Kopf. Sie ergattert zwei der Brandmagazine und steckt diese in die Munitionstaschen ihrer Hose, dann gesellt sie sich zu Sumiko und beobachtet wie diese ihr Handelsgeschick versucht.

Der Kerl blickt Sumiko schief an. "Soso, wirklich nicht", fragt er. "Irgendwie glaube ich, dass du größere Summen gewohnt bist - aber okay, ich geb ihn dir für 23 000 Credits."

"Wirklich nicht.", bestätigt Sumiko und schaut dem Händler stolz ins Gesicht. Dann blickt sie kurz zu Lilya herüber.

2000 Credits Rest sind in Anbetracht der derzeitigen Inflation etwas kümmerlich, aber auf der anderen Seite wird sie nicht zuletzt wegen der Vorräte auf der Rambo keine großartigen Nöte fürchten müssen. Sich hier Nahrung zu kaufen kommt ohnehin kaum in Frage und die Maske macht den Anschein einer lohnenswerten Investition.

Sie wendet das Ding in der Hand und schaut nach einem Prüf- oder Qualitätssiegel. Ein nahezu lächerlicher Versuch, ruft man sich ihren Aufenthaltsort ins Gedächtnis.

"Na schön.", seufzt sie dann. "Ich hoffe die Maske kann mehr als nur Gestank filtern... Hier..." Sie bezahlt die Ware und probiert sie direkt aus.

Die Maske funktioniert ganz gut, der Gestank verschwindet fast sofort, alles scheint zu funktionieren - auch wenn das Qualitätssiegel inklusive der Herstellerfirma weggekratzt worden sind.

"Pah, das Ding funktioniert", sagt der Mann und packt das Geld weg. "Wenn nicht beschwer dich halt bei Oma." Er grinst schief. "Ob das aber klappt weiß ich nicht - mein Cousin gehört zur Familie, alles klar?"

"Ich denke das wird nicht nötig sein.", antwortet Sumiko mit durch die Maske gedämpfter Stimme. "Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen. Und einen schönen Tag noch." Sie nickt dem Händler in ihrer asiatischen Art zu und entfernt sich dann von dem Stand.

"Nun, das war dann der Anfang und das Ende meiner Einkäufe hier auf Helios Grave.", meint sie ein paar Schritte entfernt dann zu Lilya. "Man könnte sagen, ich bin jetzt so gut wie pleite..."

Ihre Maske verrät ihren verblüfften Gesichtsausdruck nicht. "Echt?" Echot Lilya und sie erinnert sich kurz an die Erscheinung einer hochwohlgeborenen Geschäftsfrau in teuren Businesszwirn im paradisischen Nachmittagslicht von Sybion-2.

"Tja, dagegen sollte was unternehmen meinste nicht?" Entgegnet sie dann. "Das Finanzielle sollte zwar unsere größte Sorge nicht sein, aber Geld öffnet Türen und Münder, von daher könnte die Gilde es uns kaum übelnehmen wenn wir uns nebenbei etwas dazuverdienen. Dieser Nomade könnte uns möglicherweise ein paar Namen nennen die uns einen Job einbringen könnten, möglicherweise auch Omi."

"Ja, das ist eine gute Idee.", meint  Sumiko und geht nicht weiter auf die Gründe ihrer momentanen Geldsituation ein. Nach Yoshiga liefen die Dinge nicht mehr ganz so gut. Dazu der Einschlag der Inflation, gepaat mit ein paar falschen Spekulationen und das Konto verlor rasant an Wert. Einer der Gründe, warum sie unter die Freelancer gegangen war. Notgedrungen... mehr oder weniger...

"Wer weiß, wenn wir ein paar harmlose Jobs für Oma übernehmen und uns gut mit ihr stellen, kommen wir möglicherweise mit ihrem Einverständnis zu einem Gespräch mit Yitterdal. ... Was meinst du? Willst du dich hier noch etwas umsehen oder wollen wir der Gouverneurin jetzt einen Besuch abstatten?"

"Harmlos? Ich glaubs nicht, schaun wir mal. Ich hab erstmal was ich brauche." Erklärt Lilya und geht auf den Sitz der Governeurin zu.

Die Gruppe tritt zum Rathaus, vier bewaffnete Polizisten - sofern man sie in ihrer verranzten Uniform so nennen kann - stellen sich ihnen in den Weg. Drei von ihnen sehen sich außerordentlich ähnlich, grüne Augen und dunkler Teint.
"Halt", sagt einer von ihnen und rückt seine Mütze zurecht, in seiner Hand ein Gewehr. "Ihr seid fremd hier - was wollt ihr von Oma?"

"Geschäftliches, mehr werden nur Oma selber verraten." Entgegnet Lilya kühl.

"Na gut, im Augenblick ist eh nicht so viel los - aber alle Waffen müssen hier abgegeben werden bevor ihr zur Gouverneurin geht", sagt er und deutet auf einen Eimer an der Seite. "Ihr könnt sie wieder haben wenn ihr zurück kommt."

"Selbstverständlich."
Lilya legt ihre Bewaffnung ab und lässt sich anschliessend gegebenenfalls noch durchsuchen.