FalloutNow!

"Zurück?", fragt Sumiko etwas verwundert, während sie die Sachen bezahlt und wegsteckt. Sie kann sich kaum vorstellen, warum man freiwillig an so einen Ort zurückkehren sollte. "Darf ich fragen wieso? Ich meine, es gibt sicher bessere Flecken Erde als diesen hier, oder? Und Oma scheint mir nicht unbedingt der größte Philanthrop zu sein. Wie lässt es sich unter ihrer Führung hier leben?"

Lilya wendet sich von Drax ab die ihr mit dem Joint in der Hand hinterher blickt.

In der Haupthalle ist es relativ ruhig, lediglich die Musik hämmert noch. A sitzt hinter der Computerkonsole und tippt irgendetwas ein, Lilya beachtet er nicht weiter. Ein Pärchen raucht gemeinsam Wasserpfeife in einem Haufen Kissen etwas abseits.

In der mitte der Halle, an einem Tisch, sitzt ein Mann und zieht gerade eine Linie schwarz-grünen Pulvers. Er ist etwa 1,70 groß und hat einen dunklen Hautton, seine kurzen Haare sind blond und rot gefärbt, das Gesicht ist glatt rasiert. Seine beiden Arme bestehen aus kunststoffimplantaten, außerdem sind seine Augen völlig schwarz. Leib trägt er ein offenes grünes Hemd, eine braune Hose, die großen Füße barfuß. Lilya kann die ein oder andere Narbe, Einschusslöcher und Schnitte, auf seinem Oberkörper erkennen.

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"Nun, das hier ist meine Heimat", sagt der Mann und zuckt mit den Schultern. "Tut mir Leid, aber die restliche Frage habe ich nicht ganz verstanden."

Sumiko leicht peinlich berührt, versucht sich an einem schiefen Lächeln. "Tut mir Leid, ich... naja... Worauf ich eigentlich hinaus wollte ist, wie geht es Ihnen hier? Lässt Oma Sie in Frieden? Oder würden Sie sich wünschen, die Dinge hier liefen etwas anders?"

"Oh, die Dinge sind gut unter Oma", sagt der Mann. "Tut mir Leid, für mehr meine Sprache nicht reicht."

"Verstehe. Vielen Dank." Sumiko nickt dem Alten mitleidig lächelnd zu und trabt zurück in ihr Zimmer. Seufzend schließt sie die Tür, lässt sich nieder und öffnet die Tüte Chips, während sie ihr Deck auspackt. Die Müdigkeit ist für den Moment verflogen und während sie isst, kann sie sich genausogut etwas die Zeit vertreiben. Aus eine Laune heraus steuert sie den codierten Kanal von Miss Caval an und schickt eine kurze Nachricht in den Äther, adressiert an HS69, ihre ominöse Hacker-Verbündete.

'Benötige Rat. Inoffiziell. Lässt sich vielleicht ein sicherer Chat einrichten?'

Es dauert einen kurzen Augenblick, dann macht sich Sumikos Cyberdeck plötzlich selbstständig. Das Holobild wird schwarz, und es erscheint eine Nachricht: "Steck dich direkt ein, ich ziehe dich in einen Chat zum Boss."

'Ok. Danke.', tippt Sumiko. Eigentlich hätte ihr HS69 selbst genügt, aber so geht es wohl auch. Sie klinkt sich in den Cyberspace und überlässt alles weitere der höchst qualifizierten Fernkontrolle.

Vor sumikos Augen verschwimmt die Welt, Farben tauchen auf, Zahlen- und Datenreihen rattern über sie hinweg. Sie steht in einem gelblichen Nebel, es ist schwierig sich zu bewegen, Eiskristalle schweben in der Luft. Düster blitzt es ab und an, am Himmel prangen die Systeme des Militärs, hinter ihnen schwarzes Eis.
Ein Hand taucht plötzlich als Schemen aus dem Nichts auf, ein schmaler Schatten steht vor ihr, blickt sie an.
"Hab ich dich", sagt die verzerrte Stimme, und mit einer Handbewegung des Schattens scheint die welt vor Sumiko zu verschwimmen, alles dreht sich um sie herum, sie scheint sich in einer Art Tunnel zu befinden und nach unten zu fallen, unzählige Gesichter an den Wänden die sie anstarren, Stimmen die von überall her an ihr Ohr klingen, Menschen, die mit dem Finger auf sie zeigen.

Dann fällt Sumiko auf den Boden. Ihr Avatar ist verschwunden, sie sieht völlig normal aus. Um sie herum ist ein kleiner Raum, eine Wandvertäfelung zeigt ein sich ständig veränderndes und verzerrtes Gesicht, Teppiche hängen an der Decke, der Fußboden ist bedeckt von einem Mosaik. Aus einem Fenster heraus kann Sumiko direkt in den Weltall blicken, Schiffe fliegen an und ab.
"Sie wollten mich sprechen", fragt Miss Caval und tritt durch eine schwere Holztür. Sie trägt ein rotes Kleid und Abendgaderobe. Schnurstraks marschiert sie auf ein Sofa zu und setzt sich hin.
"Sie braucht wohl Instruktionen", ertönt die verzerrte Stimme von HotStuff im Raum.

"Nicht unbedingt Instruktionen...", antwortet Sumiko, nachdem sie sich in der neuen Umgebung zurechtgefunden hat. "Eher habe ich eine Bitte. Wir stecken hier aktuell sowohl in Entscheidungsschwierigkeiten als auch in Meinungsverschiedenheiten.", fängt sie an zu erklären und neigt den virtuellen Kopf zu einer begrüßenden Verbeugung.

"Wie Sie aus meinem letzten Bericht sicher wissen, stellt es sich als nicht besonders einfach dar, an Mister Yitterdaal heranzukommen. Oma hält ihn unter Verschluss und um an ihn heranzukommen, stehen uns nun verschiedene Möglichkeiten offen. Es sind diverse Gruppierungen an uns herangetreten, um uns teils ziemlich zweifelhafte Geschäfte diesbezüglich vorzuschlagen. Geschäfte, die meiner Meinung nach ziemlich einseitg aussehen. Ich vertraue keinem der Angebote, aber für eines der Übel müssen wir uns wohl entscheiden. Ich denke es liegt dabei auch in Ihrem Interesse, Madame, wenn uns im Nachhinein niemand in den Rücken fällt. Daher wäre es uns äußerst hilfreich, wenn Hotstuff versuchen würde, sich Zugriff in einige Datenbanken und Kommunikationssystem zu verschaffen, um uns mit den daraus geförderten Informationen zu versorgen.

Ganz gezielt denke ich dabei um den Datenverkehr von Oma, den Sang Zwillingen und den hier stationierten Ares-Truppen. Mir ist klar, dass das alles stark geschütze Bereiche sind, aber HotStuff scheint mir durchaus fähig, zumindest einige Barrieren zu überwinden. Wir müssen wissen, was Oma und die Sangs über Miss Palijova und mich wissen. Was sie mit uns vorhaben, sollten wir für oder gegen sie arbeiten. Halten Sie ihr Wort? Was sind ihre wirklichen Pläne, wenn sie das haben, was wir ihnen beschaffen sollen? Und wie passt Ares ins Bild? Wer hat sie wirklich angeheuert und zu welchem Zweck? Sie agieren ganz offensichtlich gegen Oma, aber was würden sie tun, wenn es zu einer offenen Konfrontation zwischen Oma, den Sangs und ihnen kommen sollte? Die Auswirkungen auf den Rest der Menschen hier würden wir ebenfalls zu spüren bekommen. Wir wollen an Yitterdaal kommen, das ist unser oberses Ziel. Dennoch will ich dafür ungern einen blutigen Krieg anzetteln, sofern es nicht bessere Alternativen gibt..."

"Manchmal sind blutige die einzigen Mittel um Resultate zu erzielen Miss Ishinomori", sagt Caval. "Die Gouverneurin von Helios Grave ist alt, sehr alt. Wenn sie stirbt wird es so oder so Chaos auf dem Planeten geben, es sei denn es bricht vorher aus."

"In der Datenbank von Ares und den Zwillingen herumzuschnüffeln ist gefährlich", ertönt die Stimme von HotStuff69 im Raum. "Die Sangs sind verwandt mit den Sangs auf Suang, auch wenn sie die schwarzen Schafe der Familie sind. Und sie sind sehr gute Hacker, bemerken sie etwas könnte sich das auf den restlichen Auftrag auf Suang auswirken. Ares wiederum .... "
"Ich verstehe schon", unterbricht sie Caval. "Der Handel von Helios Grave läuft überwiegend schwarz, vielleicht würde sich das ändern wenn die Zwillinge an der Macht sind und die Konförderation weg sieht. Allerdings liegt die Entscheidung wem sie vertrauen bei Ihnen. Counsellor, erfüllen Sie die Bitte von Miss Ishinomori. Gehen Sie aber kein zu großes Risiko ein wenn es sich vermeiden lässt."
"Falls sich überhaupt brauchbare Daten finden lassen."

"Danke.", meint Sumiko und verbeugt sich ein weiteres Mal. "Ich bin mir des Risikos bewusst, halte es aber für vertretbar. Wie sich herausgestellt hat, ist die Zensur-Blockade der Gouverneurin nicht besonders effektiv. Vielleicht haben wir ähnliches Glück mit der Sicherung ihrer Datenbanken oder dem Kommunikationsverkehr über den Cyberspace. Die Zwillinge sind in dieser Hinsicht natürlich ein gefährlicheres Ziel, allerdings... wenn sich etwas herausfinden lässt, so würde es mich hier am meisten interessieren. Ich denke, der Counsellor wird die Gefahren von uns allen am besten abwiegen können. Ich bin für sie jederzeit über bekannten Link erreichbar."

Sumiko zögert. Im Grunde hat sie ihre Bitte abgesetzt, dennoch drückt sie noch eine andere Sache. "Ich...", beginnt sie. Der Satz liegt ihr auf der Zunge, doch sie formt ihn noch um, bevor sie ihn ausspricht. "Ich denke, das wäre dann schon alles. Miss Palijova wird wahrscheinlich morgen schon losziehen wollen. Wenn sich etwas Wichtiges ergeben sollte, würde ich darum bitte, es möglichst an uns beide zu übermitteln. Ich befürchte, auf mein Wort und meinen Ratschlag legt sie keinen besonders großen Wert."

"Nun gut, eure Entscheidung. Passt auf, falls ich auffliege werden die Zwillinge oder Oma sicher nicht erfreut sein, abgesehen vom restlichen Sang-Clan. Außerdem werde ich nur so viel rausziehen wie nötig ist.

"So", fragt Caval. "Warum verschaffen sie sich dann nicht Gehör? Paljiova ist eine instabile dominante Persönlichkeit und unfähig im Team zu arbeiten. Die einzigen die das richtig geschafft haben waren wohl Ares-Security, und deren Disziplinarmethoden sind hinreichend bekannt. Leider hat sie ein recht beeindruckendes Dossier. Sie müssen sich ihr gegenüber durchsetzen. Oder sind sie dazu nicht in der Lage?"
"Ich könnte ihr Gehirn rösten", schlägt HS vor, "sie muss sich nur einloggen. Dann wären meine und ihre Probleme Geschichte."
"Nein", sagt Caval, "wir brauchen diese Gruppe. Operation Janus, schon vergessen?" Sie wendet sich an Sumiko.
"Vielleicht würde Ihnen ja ein Dossier über Lilya Paljiova helfen. Oder wir beantworten Ihnen einige Fragen, um diese Person besser einschätzen zu können. Außerdem schicken wir eine stumme Kopie der Kommunikation direkt an sie."

"Nun, dann wäre es vielleicht hilfreich, wenn die Verbindung zu uns oder der Handelsgilde auf irgendeine Art und Weise verschleiert werden könnte.", meint Sumiko zunächst zu HotStuff. "Ich bin hier nicht der Fachmann, aber falsche Spuren zu hinterlassen ist manchmal besser, als überhaupt keine zu hinterlassen. Oma würde wahrscheinlich zu gerne die Zwillinge verdächtigen und ebenso sicher umgekehrt. Und wenn es dennoch schief geht, nehme ich die Sache auf meine Verantwortung."

Dann spricht die Madame und Sumiko hört ihren Worten aufmerksam zu, bevor sie ihr antwortet. "Nun, um ehrlich zu sein hatte ich zunächst gehofft, die Sache ließe sich durch gutes Teamwork lösen. Außerdem war ich mir nicht sicher, wie weit es mir überhaupt zusteht, sich in die Angelegenheit einzumischen. Schließlich galt der Auftrag zunächst ihr und ihren beiden Begleitern. Darüber hinaus kommandiert sie das Schiff, mit dem wir uns fortbewegen. Selbst mit ihrer Erlaubnis ist die Sache eine Gratwanderung. Ich befürchte, wenn ich den Bogen überspanne, bricht der Wille zur weiteren Zusammenarbeit komplett auseinander, was die Mission erheblich gefährden würde. Ich habe keine Angst vor Lilya Paljiova, hoffe aber nach wie vor, eine echte Konfrontation zu vermeiden.

Ein detailiertes Dossier wäre vielleicht wirklich hilfreich. Im Ramen ihrer Rekrutierung habe ich nur eines mit sehr rudimentären Daten erhalten. Was ich bis jetzt schon feststellen konnte ist, dass sie keine andere Meinung außer der ihren für legitim hält. Sie tendiert aktuell dazu, den Zwillingen zu helfen, Oma aus dem Weg zu räumen. Ehrlich gesagt wundert es mich nicht. Sowohl optisch als auch von ihrer Art her würde sie hervorragend in deren Kreis passen..."

Der letzte Satz tut ihr schon in dem Moment Leid, als er ihre 'Lippen' verlässt. Nicht um Lilyas Willen, aber weil sie sich hat hinreißen lassen. Lästern gehört nicht zu den Dingen, die sie gutheißt und nun tut sie eben dies gerade selbst.

"Also doch für den blutigen Krieg", sagt HS. "Gut, wie du meinst. Ich werde mir etwas ausdenken, irgendjemanden den ich nicht mag. Aber Vorsicht, Oma ist sicher leicht zu täuschen, sie investiert zu wenig in Technik. Aber die Zwillinge vielleicht nicht."

Caval verzieht den Mund, und zum ersten Mal kann Sumiko sehen wie sich Ärger im Gesicht der Frau breit macht.
"Wir sind nicht beim Militär, ihre Kommandostruktur müssen Sie sich selbst zusammen organisieren, vor allem soll sie nicht das Team blockieren. Aber Sie sollten sich bewusst sein, dass Lilya Paljiova Pilotin ist, nicht Captain. Dieser Auftrag muss funktionieren, erinnern Sie Miss Paljivoa an das Geld im Zweifelsfall - und sich auch. Ziehen daraus die Konsequenzen, wenn es hart auf hart kommt ist auch diese Taxifahrerin ersetzbar."
"Ich lasse das Dossier an ihr Deck übermitteln, tun Sie damit was Sie wollen. Die Zukunft von Helios Grave ist für ihre Mission nicht relevant, auch nicht ob Miss Paljiova eine Heilige, eine Psychopathin oder ein Punk ist. Erledigen Sie was Sie tun müssen um den Auftrag zu Ende zu bringen, schließlich sind Sie für Effizienz bekannt und ich erwarte Effizienz. Was den Auftrag behindert räumen Sie aus dem Weg."
Caval steht auf.
"Ich muss mich noch um ein paar Dinge kümmern, ein Treffen mit dem Oberbürgermeister von Dayton steht an, ich will ihn nicht zu lange warten lassen, die Wahl macht ihm Sorgen. Für alle weiteren Fragen wenden Sie sich an den Counsellor."
Mit diesen Worten steht sie auf und schreitet zur Tür.

"Sehr wohl." Sumiko senkt den Blick und verbeugt sich zum Abschied. Sie wartet bis sich Madame Caval ausgeklinkt hat, erhebt dann wieder den Kopf und wendet sich an HotStuff.

"Nun, was den Krieg angeht. Oma und die Sangs können sich meinetwegen gegenseitig aufreiben, bis keiner mehr von ihnen übrig ist, solange sie dies nicht auf offener Straße tun. Was ich nach Möglichkeit vermeiden möchte, ist ein Gemetzel inmitten der Bevölkerung. Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass meine Vergangenheit bei deinen Fähigkeiten ein großes Geheimnis ist. Sicher liegt dir ein ausführliches Dossier vor. Ich habe genug unschuldiges Blut an meinen Händen, es muss nicht unbedingt noch mehr dazukommen...

Ich halte die Sangs für unberechenbar und Ares, die sie als Waffe gegen Oma ins Feld führen wollen, geht ebenso brutal wie verrucht zu Werke. Oma ist zwar keinen Deut besser, aber noch herrscht unter ihrer Führung eine gewisse, abartige Form von Stabilität und die Leute, die ich bisher gesprochen habe, befürworten diese Art des Lebens. Vielleicht ist es unabwendbar, dass sich dies über kurz oder lang ändert, aber ich will nicht die Klinge sein, die diesen Hals durchtrennt..."

Sie seufzt einen virtuellen Seufzer. "Ich weiß nicht... Du hast die Dossiers zusammengestellt, nicht wahr? Was glaubst du, wer hier die bessere Wahl ist? Die Zwillinge oder die Gouverneurin?"

"Ich glaube diejenigen sind die bessere Wahl die mir die 14 Millionen Credits garantieren können - an eurer Stelle. Und die mir die meisten Boni garantieren können." Das undefinierbare Gesicht an der Wand wendet sich Sumiko zu.
"Warum die Gewissensbisse", fragt die mehrfach verzerrte Stimme, denselben Satz rückwärts auf der Tonspur. "Das war doch lange Zeit kein Thema. Wen interessiert schon was auf so einem Dreckloch wie Helios Grave passiert. Ein paar Leute mehr oder weniger - die Menschheit ist nicht gerade vom Aussterben bedroht, wir stehen nicht unter Artenschutz. Die Sangs könnten vielleicht frischen Wind auf den Planeten geben, wen kümmert schon dieser klägliche Rest verschüchterter Bevölkerung die nicht das Maul aufmachen können weil sie genauso Angst haben von der Gouverneurin und ihrer Opposition? Die Bevölkerung, die genauso stiehlt und betrügt wie der Rest des Universums und wahrscheinlich nicht mal in irgendeinem beschissenen Steuerverzeichnis in der Konförderation verzeichnet sind. Oma interessiert sich sicher nicht für die Belange der Leute, die traut nicht mal ihrer eigenen Familie. Die interessiert nur Macht. Und mich interessieren Credits."
Unter Sumikos Füßen erscheint auf dem Mosaik plötzlich ein Bildnis von sich selbst, dass sich langsam bewegt.
"Du raffst es wirklich nicht, oder? Bist wohl eingerostet", fragt sie in Sumikos Stimme. "Ich bin nicht als Berater tätig, Paljivoa nicht als Pilot und du nicht als Tippse. Für 14 Millionen kann man sich sehr viel Seife gegen das Blut an den Händen kaufen."
An der Wand bildet sich ebenfalls ein Mosaik, wieder mit Sumikos eigenen Abbild.
"Also, sorg lieber dafür dass ihr die Arbeit auch wert seid und ich mein Geld am Ende bekomme."

Sumiko dreht den Kopf weg. "Ich denke, um dein Geld musst du dir keine Sorgen machen... Danke für den Upload. Ich klinke mich jetzt aus. Lass mich wissen, wenn du etwas Brauchbares aufdeckst."

Sumiko 'zieht den Stecker' und verlässt die virtuelle Welt.

*Verschüchterte Leute, die nicht das Maul aufmachen...*, denkt sie sich im Stillen, während sie auf das Display ihres Decks starrt. Sie kennt jemanden, auf den das lange Zeit ebenfalls zugetroffen hat. Zumindest so lange, bis der Faden dann endlich riss und sie sich gewaltsam aus ihrem Käfig befreite, indem sie ihrem Mentor und Wohltäter sämtliche Knochen brach, um ihn dann wie das kümmerliche Häufchen Elend zurückzulassen, das er in Wirklichkeit war.

*Frei bist du noch immer nicht.*, gesteht sie sich ein. *Aber immerhin bist du dir dessen vollkommen bewusst...*

"Dieses verdammte Geld...", murmelt sie und schaltet das Deck ab. Die Müdigkeit nun vollends abgelegt, reißt sie die Tüte Chips auf und beginnt zu essen.

"Gut", sagt HotStuff. "Ich werde mich melden." Sumikos Abbild bewegt kurz ihre Hand, und schlagartig taucht sie wieder im lokalen Cyberspace auf, wo Sumiko die Verbindung trennt und sich wieder in ihrem Schlafabteil befindet.

Die Chips sättigen zwar, schmecken aber in erster Linie nach Pappe.

Sumiko isst die Ganze Tüte auf, spart sich aber zumindest die Packung Synth-Food für eine andere Gelegenheit. Während sie futtert, grübelt sie über die eben geführte Unterhaltung.

Genervt von dem Gerät, aber dennoch nicht wissend, was sie sonst sinnvolles tun sollte, schaltet sie das Deck abermals an, um sich anzusehen, was Madame Caval beziehungsweise HotStuff ihr zu Lilya geschickt haben. Eigentlich wollte sie ja schlafen, um Energie zu tanken, aber sie ist einfach nicht müde - jetzt nach dem Essen erst recht nicht. Wahrscheinlich ist morgen sowieso keine Zeit, sich ungestört und unbeobachtet Einblick in Lilyas bisheriges Leben zu verschaffen. Sumiko hofft dabei auf mehr als einen reinen Lebenslauf, den ihr ihre aufgezwungene Partnerin ohne großes Widerstreben wahrscheinlich selbst geben könnte. Interessanter sind da schon psychologische Profile und vielleicht ein paar alte Leichen im Keller.